geschrieben von „R-fy „
Ich habe eben nach einem Zettel gesucht, auf dem uns unsere Freundin ein Rezept für „Rote Linsen-Suppe“ aufgeschrieben hat. Wir besitzen keine Kochbücher, aber der Mann führt eine Lose-Blatt-Sammlung, die aufgrund ihrer Unscheinbarkeit Platz in einem Serviettenhalter findet.
Dort sammelt er Fotokopien aus Kochbüchern, die seine Firma im Discount-Segment vertreibt.
Zettel Nummer eins war ein Rezept für Kartoffelsuppe mit Würstchen.
Ich bin nahe dran, ihn aus dem Bett zu holen und ihn zu fragen, ob er dieses Rezept wirklich braucht.
Dabei fiel mir eine meiner unzähligen Umzugs- Hilfsaktionen ein. Mensch ist ja damals im ummauerten Westberlin von einer Bruchbude in die nächste gezogen. Ich habe mich immer nur fürs Zusammenpacken gemeldet, das hat meinen neugierigen Trieb befriedigt. Die Jungs sind damals immer mit haufenweise Trödel und Ratgebern ihrer Mütter umgezogen.
Mütter größtenteils ansässig in W.- Deutschland, Söhne zu 95% Zugezogene in Berlin – wegen Vermeidung von Wehrpflicht. Es gab eigentlich überhaupt gar keine männlichen Westberliner. Außer in Spandau und in Wilmersdorf.
Bei einer meiner Einpack-Aktionen fand ich ein solches Muttibuch: „Kochen für Junggesellen“.
Da wurde auf DIN A4 die Zubereitung eines Kochbeutels Reis beschrieben.
Das war vor der Zeit, in denen männliche Yuppies Messer-Blöcke (Zeder!!!) bei Manufactum gekauft haben.
Das Rezept für Kartoffelsuppe mit Würstchen werde ich entsorgen: Das ist mein Niveau von Kochen und sowas kann ich auswendig. Deshalb muss es aber nicht schmecken…
Da ich seit Jahren die Anzahl genießbarer Gemüse immer weiter und radikal einschränke (alle Kohlsorten, gegarte Zucchini, Aubergine…)
hat er mal Kartoffelrezepte kopiert. Kartoffeln sind voll oK.
Der Mann kocht sehr eigen – aber hervorragend. Und immer meine Gesundheit im Blick.
Das Junggesellenkochbuch habe ich dem damaligen Jungen abzuschwatzen versucht.
Ging natürlich nicht, war ja ein Geschenk von Mutti.
Wenn die Mütter in den 80er Jahren nach Westberlin eingereist sind, um ihre Söhne und mich zu treffen, war das auch immer sehr erheiternd.
Diese stolzplatzenden Blicke auf ihren eingeborenen Sohn. Ist das immer noch so?
Eine hat mich mal beim Essen gefragt, ob ich dem Sohn nicht mal den Mitesser im Ohr ausdrücken könnte.
Das war eine sehr kurze Beziehung…